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Mehrsprachiges Demographisches Wörterbuch (zweite Ausgabe 1987)

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Räumliche Mobilität

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801

Die Analyse der räumlichen Mobilität1, regionalen Mobilität1, geographischen Mobilität1 beschäftigt sich mit den quantitativen Auswirkungen individueller Ortsveränderungen2, Umzüge2. Entscheidendes Kriterium einer Wanderung3, Migration3, ist der Wechsel des (vorwiegenden) Wohnsitzes (310-6). Häufig - aber nicht immer und nicht notwendigerweise - ist damit gleichzeitig ein Wechsel von der einen in eine andere administrative Einheit verbunden: eine Wanderung vom Herkunftsort4, Wegzugsort4 oder Fortzugsort4 in den Zuzugs-5 oder Zielort5. Nicht unbedingt unter das Wanderungskonzept fallen Umzüge von Personen ohne festen Wohnsitz - so zählen z.B. in manchen Ländern Nomaden nicht zu den Wanderern. In der Praxis gestaltet sich die Unterscheidung zwischen relativ permanenten Änderungen des Wohnsitzes und zeitweiligen6, vorübergehenden Ortsveränderungen6, oft schwierig, es sei denn, die (beabsichtigte) Abwesenheitsdauer7 vom Fortzugsort oder die Aufenthaltsdauer8 am Zuzugsort ist bekannt. Im allgemeinen schließt die räumliche Mobilität kurzfristige Bewegungen ohne entsprechenden Wechsel des Wohnsitzes aus: Durchreisen11, Transitreisen11, durch ein geographisch abgegrenztes Gebiet sowie der ganze Reiseverkehr12, Ferienverkehr12, Urlaubsverkehr12, Tourismus12, werden demnach nicht der räumlichen Mobilität zugerechnet. Pendeln9, Pendelmobilität9 oder auch etwa Pendelwanderung9 beinhaltet die tägliche oder wöchentliche Reise vom Wohnort an den Arbeits- oder Schulungsort. Saisonale Wanderungen10, Saisonwanderungen10, Saisonmobilität10, weisen regelmäßige jahreszeitliche Schwankungen auf.

  • 1. Von der räumlichen oder regionalen Mobilität wird die soziale Mobilität (920-4) und die berufliche Mobilität (921-3) unterschieden.
  • 3. In der Schweiz werden ab 1985 die Saisonarbeiter nicht mehr bei der Wanderung einbezogen. Siehe auch 310-1 * und 801-10*.
  • 5. Bei Außenwanderungen sind die Ausdrücke Ankunfts-, Zuzugs-, Ziel-, Aufnahme- oder Einreiseland gebräuchlich.
  • 9. Der Begriff Wanderungen ist hier strenggenommen falsch, da kein Wechsel des Wohnsitzes vorgenommen wird.
  • 10. Der Ausdruck Saisonmobilität ist angebrachter als Saisonwanderungen, handelt es sich doch dabei nicht immer und notwendigerweise um einen Wohnsitzwechsel. Siehe bezüglich der Schweiz 310-1 * und 801-3*.

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Bei retrospektiven Erhebungen zum Thema Wanderungen ist die Unterscheidung zwischen dem Wohnort zu einem bestimmten früheren Zeitpunkt1 dem letzten Wohnort2 und dem jetzigen Wohnort3 von Nutzen. Hat eine Person innerhalb eines bestimmten Zeitraumes ihren Wohnsitz gewechselt, so wird sie als Wanderer4 bezeichnet. Wanderer können grundsätzlich wie folgt klassifiziert werden. Im Hinblick auf den Wegzugs- oder Fortzugsort spricht man allgemein von Abwanderern5, Fortgezogenen5 und von Auswanderern (803-5), falls die Abwanderer dauernd im Ausland wohnen wollen, bzw. von Emigranten 12★, falls es sich um Auswanderer aus politischen, religiösen oder ethischen Gründen handelt. Im Hinblick auf den jetzigen Ort gibt es allgemein Zuwanderer6, Zugezogene6, darunter Einwanderer (803-4), falls die Zuwanderer dauernd im Inland zu wohnen beabsichtigen, und, falls die Einwanderung aus politischen, religiösen oder ethischen Gründen erfolgt, Immigranten 13★. Wird bei der Erhebung nach dem letzten Wohnort gefragt, so richtet sich das Interesse auf die, wann auch immer erfolgte letzte Wanderung7 oder den letzten Wohnungswechsel7. Jedes Individuum, das irgendwann einmal einen anderen Wohnsitz hatte, gilt als Wanderer; diese Person also wanderte zu8, zog zu8, wanderte ein8, oder immigrierte8 (aus der Sicht des jetzigen Wohnorts) oder sie wanderte ab9, wanderte aus9, zog weg9, emigrierte9 (aus der Sicht des letzten Wohnorts) (siehe 802-5 ff). Bei einem auswärts Geborenen11 liegt der Geburtsort10 außerhalb der administrativen Einheit des jetzigen Wohnortes.

  • 3. Einige Autoren verstehen unter Wanderungen sämtliche Wohnungswechsel (803-6). Für die meisten jedoch gehört zum Wanderungsbegriff das Überschreiten irgendeiner Grenze, sei dies nun eine politische oder irgendeine beliebige, zu administrativen Zwecken festgelegte Grenze.
  • 4. Genau genommen darf unter diesem Konzept ein Wanderer in dem als Wanderung definierten Zeitraum weder geboren werden noch sterben. In der Praxis wird diese Definition jedoch oft abgewandelt und auf Kinder ausgedehnt, die im betreffenden Zeitraum geboren wurden; sie werden dem jeweiligen Wohnsitz ihrer Mutter zugerechnet. Die Zahl der gezählten Wanderer ist nicht notwendigerweise gleich der Anzahl Umzüge innerhalb der Beobachtungsperiode, da im entsprechenden Zeitraum jedermann mehrmals umgezogen sein könnte.
  • 10. In der Statistik wird üblicherweise als Geburtsort der Wohnsitz der Mutter eingetragen, obgleich die Geburt - aus welchen Gründen auch immer - an einem anderen Ort stattgefunden haben kann.

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Binnenwanderung1 liegt vor, wenn Wegzugsort (801-4) und Zuzugsort (801-5) der Wanderer innerhalb desselben Staatsgebiets (305-3) liegen. Im Gegensatz dazu vollzieht sich bei internationaler Wanderung2, in der Regel Außenwanderung3 genannt, die Wanderung über die Staatsgrenzen. Die Außenwanderung bezieht sich auf Zuwanderung4, Einwanderung4, und auf Abwanderung5, Auswanderung5; je nachdem ist das in Frage stehende Land Zielland oder Herkunftsland (man beachte die Unterscheidungen in 802-5 ff). Umzüge innerhalb einer Gemeinde werden als Ortsumzüge6 bezeichnet und im allgemeinen nicht in der Wanderungsstatistik erfaßt. Ortswechsel innerhalb der Staatsgrenzen, aber über die Gemeindegrenzen werden als Binnenzuwanderung7 bzw. Binnenabwanderung8 bezeichnet, je nachdem welche Verwaltungseinheit Zuzugs- oder Fortzugsgebiet der betreffenden Wanderer ist. Unter Wanderungsstrom9 versteht man eine Anzahl von Wanderern mit gleicher Herkunft und gleichem Ziel. Gibt es zwischen zwei Gebieten Ströme in beiden Richtungen, so wird der größere, bedeutendere Wanderungsstrom zwischen zwei Verwaltungseinheiten Hauptstrom10 und der kleinere Gegenstrom11 genannt.

  • 2. u. 3. Pendeln über eine Staatsgrenze wird oft mit Grenzverkehr bezeichnet; er ist nicht Teil der Außenwanderungen.

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Wandert eine Person mehrmals innerhalb eines bestimmten Zeitraums, kann es sinnvoll sein, die Reihenfolge der Wanderungen1 zu unterscheiden. Die Aufenthalts- oder Verweildauer2 bezeichnet entweder das Zeitintervall zwischen Ankunft und erneutem Wegzug oder aber den seit dem letzten Umzug verflossenen Zeitraum. Unter Rückwanderung3 versteht man die Wanderung zurück an den ursprünglichen, ersten oder zurück an den letzten Wohnort. Besteht die Tendenz, daß innerhalb relativ kleiner Zeitabschnitte mehrmals gewandert wird, handelt es sich um wiederholte Wanderung4. Die Land-Stadt-Wanderung5 vollzieht sich manchmal in Form der Etappenwanderung6, Stufenwanderung6, bei der die Wanderer ihren Wohnsitz in immer größere Städte verlegen.

  • 3. Rückwandernde Personen werden Rückwanderer genannt.
  • 5. Tritt sie massenweise auf, spricht man von Landflucht. Auch das umgekehrte Phänomen ist bekannt: die Stadt-Land-Wanderung oder - entsprechend - die Stadtflucht.

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Die Ergänzung der natürlichen oder biosozialen Bevölkerungsbewegung (201-10) im Rahmen der Bevölkerungsbewegung (201-9) insgesamt ist die räumliche Bevölkerungsbewegung1 (siehe auch 201-11) infolge Wanderung. Hierbei handelt es sich um Nettowanderung2, den Wanderungssaldo2, die Wanderungsbilanz2 - d.h. die Differenz zwischen Zuzügen3 und Fortzügen4. Sie kann ein positives oder negatives Vorzeichen aufweisen: Wanderungsgewinn5, Zuwanderungsüberschuß5, Nettozuwanderung5 entsteht dann, wenn die Zuzüge die Fortzüge überwiegen, Wanderungsverlust6, Abwanderungsüberschuß6, Nettoabwanderung6 im umgekehrten Fall. Die Summe der Zu- und Abwanderungen ist ein Maß für das Wanderungsvolumen7; bezieht sich diese Summe auf Teilregionen eines Landes, so spricht man von Wanderungsumsatz8. Als Nettoaustausch9, richtungsspezifischer Wanderungssaldo9, zwischen zwei Regionen wird die Differenz zwischen Hauptstrom (803-10) und Gegenstrom (803-11) bezeichnet; die Summe aus Haupt- und Gegenstrom ist der Bruttoaustausch10, das richtungsspezifische Wanderungsvolumen10.

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Spontane Wanderung1 freiwillige Wanderung1 oder freie Wanderung1 hat ihren Ursprung in der Initiative und freien Wahl der Wandernden. Wandern Personen einzeln, ohne daß sie durch irgendwelche gemeinsame Aktionen oder Entschlüsse dazu getrieben werden, so spricht man von Einzelwanderung2; wandern ganze Familien zusammen, hat sich der Begriff Familienwanderung3 eingebürgert. Mit Familiennachzug 9★ ist eine abgeleitete Wanderung4 oder Sekundärwanderung4 gemeint, eine Wanderung von Individuen also, die eingeleitet oder bestimmt wird durch die Wanderung anderer Personen, z.B. der Kinder, die mit dem Familienoberhaupt mitziehen oder die ihm nachfolgen. Je nach Hauptgrund für den Umzug unterscheidet man üblicherweise zwischen Arbeitskräftewanderung5, Heiratswanderung6, Wanderung aus Anlaß einer Heirat6, und Ruhestandswanderung7 oder Altenwanderung7. Von Kettenwanderung 8★ spricht man, wenn sich der Wanderungswillige auf einen Zielort richtet, wo Freunde und Verwandte als Wegbereiter wirken, z.B. eine Wohnung haben und/oder Informationen vermitteln und sonstige Unterstützung leisten können.

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Wandern Gruppen oder Familien gemeinsam, spricht man von einer Kollektivwanderung1 oder Gruppenwanderung1. Um Massenwanderung2 handelt es sich erst, wenn die Anzahl der Wanderer sehr groß ist; tritt diese plötzlich ein, z.B. aufgrund einer Katastrophe, so mag der Begriff Massenflucht3 Anwendung finden.

808

Im Gegensatz zur freiwilligen Wanderung (806-1) liegt Zwangswanderung1 vor, wenn Personen durch Staatsorgane zur Wanderung gezwungen werden. Beispiele von Zwangswanderungen sind zwangsweise Rückwanderungen in das Heimatland, Repatriierung2, Rückführung in die Heimat2, genannt, sowie die Ausweisung3, Vertreibung3 von Individuen oder von Bevölkerungsgruppen. Eine Evakuierung4 wird im allgemeinen zum Schütze der Bevölkerung vor Katastrophen wie Erdbeben, Überschwemmungen, Kriegsgeschehen etc. angeordnet. Werden Personen zur Wanderung aus Umständen veranlaßt, die bei einem Verweilen zur Gefahr der Verfolgung oder Unterdrückung geführt hätten, so werden sie als Flüchtlinge5 bezeichnet. Während Flüchtlinge einen gewissen Entscheidungsspielraum in der Wahl ihres Zielorts haben, sind Zwangsumsiedler6 Wanderer, denen die Staatsorgane den Zielort vorgeschrieben haben. Dabei handelt es sich oft um eine Bevölkerungsumsiedlung7, d.h. eine von den Staatsorganen erzwungene oder organisierte Kollektivwanderung (807-1). Eine solche Umsiedlung führt bisweilen zu einem Bevölkerungsaustausch8 zwischen Staaten, der infolge von Grenzänderungen oder zur Lösung von Minderheitenproblemen (siehe 333-4) durchgeführt wird.

  • 5. In manchen Ländern werden Flüchtlinge, die sich um Aufnahme (Asyl) bewarben, als Asylbewerber, und denen diese Aufnahme gewährt wurde, als Asylanten bezeichnet.

809

Je nach der Art und Weise, wie sich der Zugezogene den Bedingungen und Verhältnissen im Zielgebiet anpaßt, können die Naturalisierung oder Einbürgerung (331-1), d.h. der Erwerb der Bürgerrechte, die Eingliederung1 mit Aufnahme von Wohnsitz und Erwerbstätigkeit, die Assimilation3, Integration3, in die bestehende Gesellschaftsstruktur unterschieden werden. Letztere bezeugt den Abschluß der Phase der Akkulturation2 - auch kulturelle Anpassung2 -, während der die Werte, Normen, Sitten und Bräuche der Bevölkerung des Zielgebietes allmählich angenommen werden.

810

Bisweilen gruppieren sich Einwanderer aus dem gleichen Herkunftsland auf dem Gebiet des Aufnahmelandes (801-5*) und behalten ihre bisherigen Sitten und Gebräuche bei; auf diese Weise bilden sich Kolonien1 woraus sich unter Umständen Probleme der Koexistenz2, des Zusammenlebens2, der verschiedenen Bevölkerungsgruppen ergeben. Es kann eventuell zur Verschmelzung3 der verschiedenen Bevölkerungsgruppen kommen, wobei sich deren erkennbare und sichtbare Unterschiede langsam auflösen, oder zur Integration4 der einen Bevölkerungsgruppe in die andere. Wenn die in einem Gebiet lebenden Bevölkerungsgruppen durch kulturelle oder gesetzliche Schranken getrennt bleiben, besteht Segregation5.

  • 5. Dies kann zu vielfältigen Konflikten und in extremen Fällen sogar zu Völkermord führen, dann nämlich, wenn eine Bevölkerungsgruppe die andere auszurotten versucht.

811

Die Wanderungspolitik1 bildet einen Zweig der Bevölkerungspolitik (105-2). Die meisten Länder schränken heute die freie Zuwanderung von Ausländern durch Einwanderungsgesetze2 ein. Häufig sehen diese Gesetze eine selektive Einwanderungsgesetze3 vor, d.h. Einwanderer mit bestimmten Eigenschaften (z.B. Beruf, Nationalität, Rasse) werden teils bevorzugt behandelt oder teils gänzlich von der Einwanderung ausgeschlossen. Einige Länder sehen eine Kontingentierung4 vor. Bei diesem sog. Quotensystem4 wird die Anzahl der Zuwanderer entsprechend ihrer nationalen Herkunft5 und/oder anderer selektiver Kriterien (vgl. 811-3) festgelegt. Maßnahmen zur Beeinflussung der Bevölkerungsumverteilung6 innerhalb eines Landes durch Binnenwanderung (803-1) sind hingegen meist indirekter Natur (z.B. Anreize).

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